Weitere Initiativen der Hamburg Kreativ Gesellschaft
En
Weitere Initiativen der Hamburg Kreativ Gesellschaft

Kein Mainstream: Was wir von Indie Publishing lernen können

Wie Menschen und Themen abseits des Mainstreams sich Stimme verschaffen? Die Hamburger Indiecon organisiert von Die Brueder Publishing greift mit ihrem Festival für unabhängige Verleger*innen einmal im Jahr diese Frage auf. Nationale und internationale Verleger*innen geben mit ihren Publikationen kreative, politische und konkrete Antworten.

Mit Nina Prader haben wir einen Blick auf die Indie Verlagsszene geworfen. Die Künstlerin, Autorin und unabhängige Verlegerin kuratierte die Indiecon Conference 2021 bei uns in der HafenCity und sprach an zwei Tagen mit Indie Verlegerinnen über die Branche im Kontext von Zukunft und Gesellschaft.

 

Isabel Neuendorf: Was bedeutet Independent Publishing?

Nina Prader: Für mich geht Indie Publishing damit einher, das Menschen oder Gruppen sich Plattformen verschaffen, die in der “Mehrheitsgesellschaft” nicht zu Wort kommen. Ob Identität, Nischenhobby, versteckte Orte, Foodie Kultur, politische Haltungen: All das findet im Independent Publishing Raum.

Die Indie Verlagsszene ist von Menschen, Themen und Arbeitsorganisation also sehr heterogen?

Ja, die Szene wächst und zunehmend spielt Social Media eine Rolle.

 

Die Art, wie sich Independent Publishing medialisiert, wird immer spannender.

Dadurch, dass die Magazine unterschiedliche Ziele haben und von Selbstfinanzierung, Kulturförderungen oder solidarischen Unterstützer*innen finanziert werden, beeinflusst das die Magazine selbst. Im Grunde stellen die Magazine ihre eigenen Strukturen her. Etablierte Medienhäuser können von Independent Publisher viel lernen. Das Erlernen dieser neuen Werte und Arbeitsstrukturen sollte aber nicht zur Ausbeutung von Indie-Magazinen führen.

Was sind praktische Fragen in der Arbeit, mit denen sich junge, unabhängige Verleger*innen beschäftigen sollten? 

Es ist wichtig, sich zu professionalisieren, damit man eine starke Plattform hat, die nicht infrage gestellt wird. Meine Erfahrung als unabhängige Verlegerin nach ist es gut, Zugang zu eigenen Produktionsmitteln zu haben. Sei es der eigene Drucker oder eigene Tools.

Bei der Indiecon Conference stand der erste Tag unter dem Fokus “Publishing for Social Change”, der zweite Tag unter “Critical Design for Critical Futures”. Warum hast du diese Schwerpunkte gesetzt?

Das Thema, unter dem Die Brueder als Organisatoren des Festivals mich und die ausgestellten Verleger*innen eingeladen haben, war Reflections. Mit dem Begriff fragten wir, wo wir aktuell stehen und wie sozialpolitische Entwicklungen wie z.b. eine globale Steigerung von Hate Crimes die Gesellschaft beeinflussen. Als Kuratorin der Konferenz versuchte ich eine Auswahl von Publikationen zu treffen, die ein Statement für diese Gegenwart setzen und eine Vision für die Zukunft entwerfen. Die Verleger*innen von Club Sandwich, This is Badland, DADDY Magazine und OFF TO mag positionieren sich in ihren Magazinen dazu auf sehr spannende Weise.

V. l. n. r.: Nina Prader, Nina Vukelić & Rafaela Kaćunić (This is Badland), Kemi Fatoba (DADDY Magazine), Ariana Zustra (Moderation, freie Journalistin und Musikerin)
V. l. n. r.: Nina Prader, Nina Vukelić & Rafaela Kaćunić (This is Badland), Kemi Fatoba (DADDY Magazine), Ariana Zustra (Moderation, freie Journalistin und Musikerin)
Nina Prader (Kuratorin der Konferenz), Liz Gomis (OFF TO mag), Anna Broujean (Club Sandwich), Lars Weisbrod (Moderation, ZEIT)
Nina Prader (Kuratorin der Konferenz), Liz Gomis (OFF TO mag), Anna Broujean (Club Sandwich), Lars Weisbrod (Moderation, ZEIT)

Was hast du persönlich von der Konferenz mitgenommen?

Von This is Badland habe ich mitgenommen, wie viel Liebe in Independent Magazinen steckt. Das oft glamouröse Erscheinungsbild eines Magazins lässt vergessen, wie viel harte Arbeit notwendig ist. Bei Daddy Magazin erinnere ich mich daran, wie viele Menschen das Magazin kapitalisieren möchten, aber nicht ihre Strukturen und Werte respektieren.

Der Humor von Club Sandwich hat mich sehr fasziniert. Das Magazin nimmt in jeder Ausgabe ein Lebensmittel als Aufhänger, um in die Tiefe zu gehen und eine sozialpolitische Frage über Essen zu stellen. Man schaut seine Spreewaldgurken und seine Schokolade danach ganz anders an. Liz Gomis von OFF TO mag ist ein Powerhouse und hat viel Energie auf die Bühne entfacht. Ihre Begeisterung für ihre Arbeit und ihren Job haben mich sehr inspiriert.

 

Du hast am Anfang betont, dass es so wichtig ist, Zugänge zu Erzählungen zu finden, die nicht mainstream sind. Was genau meinst du damit?

Auf der Konferenz wurde immer wieder betont, wie wichtig, aber auch schwer es ist, etablierte Narrative kritisch zu hinterfragen und neue Geschichten in den Umlauf zu bringen. Z.B. Liz Gomis von OFF TO mag sagte auf der Konferenz, sie möchte die nächste Ausgabe über Kigali machen. Allerdings möchte sie die Zukunft von Ruandas Hauptstadt vorstellen. Der Genozid wird natürlich thematisiert, weil es ein transnationales Trauma ist, aber es gibt auch andere Geschichten über die Stadt die erzählt werden müssen.   

Warum ist das so schwierig?

Narrative sind oft festgefahren. Als Verleger*innen müssen wir aufpassen, dass wir keine Geschichten erzählen, die uns nicht gehören oder nur aus einer Perspektive sprechen. Auch als Kuratorin habe ich diese Herausforderung gespürt. Ich hab nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen auf dem Panel und viele Stimmen konnten nicht gehört werden, obwohl sie auch auf der Bühne hätten sitzen müssen. 

 

Zur Indiecon Conferenc 2021: Ausschnitte kannst du dir auf Instagram anschauen. Du willst persönlich vorbei schauen? Vom 2. bis 4. September 2022 findet die Indiecon dieses Jahr wieder statt.

Fotos: Malte Spindler © Die Brueder Publishing, Bild 1: V. l. n. r.: Nina Vukelić & Rafaela Kaćunić (This is Badland), Kemi Fatoba (DADDY Magazine), Ariana Zustra (Moderation, freie Journalistin und Musikerin), Bild 2: V. l. n. r.: Nina Prader (Kuratorin der Konferenz), Liz Gomis (OFF TO mag), Anna Broujean (Club Sandwich), Lars Weisbrod (Moderation, ZEIT)

 

Artikel teilen:

Weiter lesen

Wir verwenden Cookies, um externe Inhalte anzeigen zu können. Sie können unter “Einstellungen” der Erhebung von Nutzerdaten widersprechen. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Wir verwenden Cookies, um externe Inhalte anzeigen zu können. Sie können unter “Einstellungen” der Erhebung von Nutzerdaten widersprechen. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Ihre Einstellungen wurden gespeichert.